ZFF 2011: Majority (Çogunluk)
Der Debütfilm "Majority" von Seren Yüce war für mich eine grosse Überraschung. Ich bin gar nicht vertraut mit dem türkischen Filmschaffen, dieser Film hat mich auf alle Fälle schwer beeindruckt. Die Machart unterscheidet sich grundsätzlich von den anderen Filmen die ich am Festival gesehen habe. Erzählt wird eine Geschichte mitten aus dem Alltag. Somit hat die Geschichte auch keinen klaren Anfang und kein Ende.
Der Film handelt von Mertkan (Bartu Küçükçaglayan), der noch zu Hause bei seinen Eltern wohnt und bei seinem Vater in einer Baufirma einen Bürojob hat. In seiner Freizeit trifft er sich mit seinen Freunden um Tee zu trinken oder mit dem dicken Auto seinen Vaters durch Istanbul zu fahren. Eines Tages trifft er auf Gül (Esme Madra) und verliebt sich in sie. Das Problem an der Sache ist nur, dass Gül eine Kurdin ist und Mertkans Vater auf keinen Fall will, dass sich sein Sohn mit “solchen Leuten” trifft.
Der Film könnte ebenso gut ein Theaterstück sein: Ziemliche wenige Schauplätze, geballte Emotionen ohne viele Worte. Der Film schafft es stets, die gerade herrschende Stimmung einzufangen, geprägt von einer gewissen Schwere und der Autorität des Vaters. Das Ende ist brillant gemacht, die vermeintlich im Mittelpunkt stehende Liebesgeschichte verkommt zur Nebenhandlung. Ein Film bei dem man auch nach dem Abspann noch einige Minuten auf dem Sitz verharrt.
Sehr auffallend ist auch die Kameraführung. Bei den zum Teil sehr langen Szenen wird die Kamera bewusst an einem Ort belassen, obwohl sich die Protagonisten aus dem Bild bewegen. Dann kommen auch immer wieder gleiche Motive vor wie das Ausziehen der Schuhe und Jacke beim betreten der Wohnung: diese Handlung wird ca. zehnmal gezeigt, immer von einer Perspektive.
Ein stimmungsvolles Kammerspiel, welches eine eindrückliche Geschichte erzählt, die einem nicht einfach so loslässt.
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